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- #Titel Lifestyle / Studium / Fach : Chemie
- #Logo gadget21:pinsel/AG.Lifestyle
- #Font Losse 16
- #C31
- Gaudeamus igitur ...
- #Font topaz 8
- #C21
-
- Da sitze ich also vor meiner AIX-Workstation und versuche, mir irgendwas zum
- Thema "Studium", "Studienort Münster" und/oder "Chemiestudium in Münster"
- aus den Fingern zu saugen ... und das nur, weil Wurzelsepp wieder nix fürs
- Gadget hat and so irgendwie auf diese Idee mit den Artikeln "Wie werde ich
- Student" gekommen ist, ... und anstatt selber den Anfang zu machen ... =;-)
-
- Aber fangen wir mal vorne an. Ich habe 1988 in Münster mein Chemiestudium
- begonnen und stehe nach 14 Semestern jetzt mitten in der Diplomarbeit.
- (Jaja, ich weiß, der langweilige Durchschnitt braucht nur 11 Semester.)
- Damals waren es noch goldene Zeiten. "Wenn Du nachher fertig bist," hieß es,
- "kannst Du Dir aussuchen, wo Du anfängst. Die Firmen schicken fast noch
- einen Wagen vorbei, der Dich zum Vorstellungstermin abholt."
-
- Inzwischen hat sich das Vorzeichen umgekehrt. Wobei mich das Gejammere
- meiner Kollegen nicht weiter stört, da die Situation am Arbeitsmarkt in ca.
- 3 Jahren, wenn ich meinen Doktortitel habe, ganz anders aussehen kann (kann!),
- und ich eh immer irgendwo in eine Lücke gerutscht bin. Aber ich will hier
- niemandem das schwierige Studium der Chemie madig machen ... wer sich zum
- Chemiker berufen fühlt, sollte es wagen.
-
- Das Grundstudium beginnt bei uns in Münster (und sicher nicht nur hier)
- mit einem vollen Stundenplan - Arnorganik, Mathe,
- Physik, Kristallographie, und passend jeweils dazu einiges an Seminaren,
- welche auf die Klausuren (auch "Sieb" genannt) vorbereiten sollen. Allen
- voran die "Mahr"-Klausur. Es gibt in 2 Klausuren zu je 100 Punkte, 140 braucht
- man und sollte in jeder min. 50 haben, um in das anschliessende Praktikum
- zu gelangen. Einziger Haken ist der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben. Die
- letzten Klausuren hätten selbst mir als Vollblutchemiker Kopfschmerzen
- bereitet.
-
- Wenn diese erste Hürde genommen ist, steht man im "Mahr" und kocht 5-6
- Wochen (während der Semesterferien, wo sich BWLer, Iuristen und das andere
- faule Pack in der Südsee oder auf irgendwelchen Skipisten herumlümmelt...)
- etliche qualitative Analysen, mit Arsen, Antimon, Blei, Cadmium ... alle
- Spurenelemente, die ein Chemiker zum gesunden Laben halt braucht.
- Im 2. Semester, also im Sommer, stehen Physikalische Chemie (Brrr....),
- sowie nochmal Physik(-Praktikum, an zwei Tagen in der Woche) und Mathe
- auf dem Program. Wer nicht weiß, was Phys. Chemie bedeutet, stelle sich ein
- Konglomerat aus 3 Atomkernen, 4 präzessierenden Kernspins und 20,5 Integrale
- auf einer von Null bis Unendlich reichenden abgeleiteten Verteilungsfunktion
- von Brom in n-Hexan bei t=5sec vor.
-
- Achja, unnötig zu erwähnen, das in den Semesterferien wieder ein Praktikum
- anliegt, zur Phys. Chemie. 14 o. 16 Versuche zu idealen/realen Gasen,
- innerer Energie, Dekompression ins Vakuum etc., und jedes mal ein nerviges
- Kolloq (= mdl. Prüfung) dazu.
-
- Im 3. Semester geht's wieder in die AC, Plautzpraktikum. Hier wird halt
- alles mal durchprobiert, was in der AC von Belang ist. Säure-Base Titration,
- Darstellung von Diphosphaten, Chrom(II)-Komplexen und diversen
- Nickel-Abfällen, etc.... sowie die Vorlesung, Seminare und Klausuren dazu.
- Nebenbei läuft auch noch die OC-Grund Vorlesung, die mit anschliessend
- geschriebener OC-Klausur dann für das 4. Semester ins OC-Grund (Ach, wie
- verblüffend :) Praktikum führt.
- Hm, zwischen dem 3. und 4. Semester war doch noch was in den Ferien ...
- richtig ! Da war noch das Quap-Praktikum. Quantitativ analytisches
- Praktikum. Man bekommt 1g Probe mit einem Gehalt von ca. 1% Mangan und soll
- diese dann auf 1% (sprich 1% von diesen 0.96%) genau bestimmen. Ist halt
- Glücksache, aber die meisten haben hierbei mehr Glück als bei den das
- Praktikum begleitenden zwei Klausuren.
-
- Im OC-Grund werden dann allerlei unnütze org. Präparate hergestellt,
- Farbstoffe, Giftstoffe, Kohlenwasserstoffe, mit 0 bis 3 Ringen. Stinkt zwar
- alles bestialisch, aber man soll seinen Riecher ja auch nicht mitten in den
- Abzug halten. Hat schon mal jemand einen Saal voller Brom-Schwaden gesehen ?
- Nein ? Wir vorher auch nicht. Selbst unser Prof. war erstaunt ob der
- Farbintensität von elementarem Brom, als einem Kollegen von mir eine Flasche
- mit ca. 0.25l Brom auf dem Fussboden zerdeppert ist.
-
- Naja, soweit zum Grundstudium. Zwischendurch stehen (nach jeder
- Klausur/jedem Praktikum) auch etliche Feten an. Auch Chemiker sind keine
- Kinder von Traurigkeit. Und zu jeder Vorlesung muß man auch nicht hingehen.
- Wer geschickt ist, kann seinen Stundenplan etwas entlasten.
- Damit kommen wir zum nächsten Grauen - das Vordiplom ! Vier mündl. Prüfungen
- zu jeweils 30 min, AC, OC, PC & Physik. Der schlaue Prof., der grinsende
- Beisitzer, der alles notiert, ein schwitzender Prüfling und eine viel zu
- langsam tickende Uhr .... sowie eine Horde Kumpels & div. Flaschen Sekt
- jenseits der Tür. Kommt selten vor, daß die Flaschen zu bleiben. ;)
-
- Kommen wir zum Hauptstudium. Drei Hauptpraktika, drei Wahlpflichtpraktika.
- Bei der Zeiteinteilung hat man nun eigtl. freie Hand, jedoch wird die
- Reihenfolge OC, PC, AC empfohlen.
-
- OC-F: Man kocht div. Präparate von Komplexitizität und Wichtigkeit
- für irgendwelche Diplomanden und Doktoranden, die das Zeuchs für ihre eigene
- Arbeit als Vorstufe brauchen. (Daher für die Praktikanten auch der Kosenamen
- "Stufenkocher" :) Nebenbei noch ein paar org. Analysen, eine Klausur und
- eine Arbeitskreisaufgabe, bei der man Einblick in einen der vorhandenen
- Arbeitskreise erhält und auch schon mal Kontakte knüpfen sollte. Achja, und
- dann muß man noch zwei Vorträge halten.
-
- PC-F: 14 Versuche, Dazu 7 Kolloqs, ggf. ein Vortrag (Wenn man blöd ist:
- Sicher. Wenn man Pech hat, wird man zugelost. Mit Glück entgeht man diesem
- Horrorspiel, bei dem der leitende Doktor immer gerne mal wieder wahllos
- einen Praktikanten vor versammelter Mannschaft zur Schnecke macht.) Themen
- sind Spektroskopie, Magnetochemie, aktive innere Oberfäche, ... bis zum
- letzten Detail, sprich Spinquantenzahl. Größtenteils nur langweilig, halt
- nur die 2 Kolloqs beim leitenden Doc muß man überleben. (Einige sind 5mal
- bei ihm angetreten, ich nur 2mal. Glück muß man haben.) Dafür keine Klausur.
-
- AC-F: Irgendwelche blöden Präparate herstellen, Komplexe, Oxide, ...
- Röntgenaufnahmen. Fast belangslos. Naja, von meiner Warte aus.
- Dazu ein Seminar mit Anwesenheitspflicht, ein paar Kolloqs. Keine Klausur.
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- Auf die 3 Wochen Wahlpflichtpraktika gehe ich nicht näher ein. Gibt die
- Chance, in einige Bereiche der Chemie sowie einige Arbeitskreise näher
- reinzuschnuppern, u.a. als Entscheidungshilfe, was man nachher machen
- möchte.
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- Hm. Fehlt nur noch die Diplomprüfung. 3 Stück, AC, OC, PC. Wieder je 30 min.
- Zermürbend, aber nachher die Party wert. Danach die Diplomarbeit. Den
- Arbeitskreis sowie Thema aussuchen kann man sich nicht. (Es sei denn, man
- hat einen Schnitt von 1.0 .) Man kann es mit ein wenig Geschick etwas
- eingrenzen. Meine Wenigkeit z.B. hat sich auf die AC konzentriert und
- bedingt durch die Kenntnisse im Computerbereich sowie etwas diplomatischen
- Geschick eine Stelle im AK Jeitschko ergattert. (Gemütlicher hätte ich es
- nicht erwischen können.... ;-)
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- Damit wäre nach 6 bis 12 Monaten das Studium an sich abgeschlossen.
- Wenn man einen Job haben will, schließt man halt noch die Promotion an, d.h.
- man forscht nochmal drei Jahre (ja, es gibt dann für gewöhnlich Knete.) und
- erhält dann nach weiterer Prüfung den Doktortitel.
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- Ächz. Soweit zum Studium der Chemie. Wenn jemand Fragen hat, ich bin gerne zu
- weiteren Auskünften bereit. Man erreicht mich unter
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- #C10
- Bernd Künnen
- Josefstr. 10
- 48151 Münster
- email: diesel@uni-muenster.de
- #C21
- Und im nächsten Gadget schreibe ich dann über das eigtentliche "Studium",
- sprich die Kneipen, die Partys, die Vorzüge des Münsterschen Rechenzentrums,
- wie man am besten eine Bude bekommt und sich in Münster fortbewegt etc...
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- Bleibt nur noch, Euch bei Eurer Studienwahl angenehme Träume zu wünschen...
- #C10
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- Dipl.Chem. in spe Bernd Künnen
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